Magazin erstellt am 30.05.2014 um 18:20:03 [ voriger | nächster ]

Alternative Fahrdienste: Wenn Taxifahrer auf die Barrikaden steigen

BMW-News-Blog: Alternative Fahrdienste: Wenn Taxifahrer auf die Barrikaden steigen
Alternative Fahrdienste: Wenn Taxifahrer auf die Barrikaden steigen

Mitfahrgelegenheiten und alternative Fahrdienste kann man heutzutage vor allem im Internet oder in digitalen Netzwerken finden. Das übliche Trampen, daher das Reisen per Anhalter, wird dank mobiler Smartphone-Apps, Webseiten oder Facebook-Gruppen immer beliebter. Vorwiegend Studenten oder umweltbewusste Mitmenschen schätzen das schnelle, unkomplizierte und kostengünstige Kommen von A nach B.

Im Gegenzug bieten ebenso umweltbewusste Autofahrer ihre Dienste in selbigen Netzwerken an. Nicht immer geht es dabei nur um das Treffen neuer Mitmenschen oder um die Reduzierung des weltweiten CO2-Ausstoßes - vielmehr will man auch den ein oder anderen Cent mitverdienen. So lässt sich nämlich die Langeweile in angenehmer Gesellschaft überbrücken und der tägliche Arbeitsweg rentiert sich schneller als gedacht. Hinter alternativen Fahrdiensten stecken nicht nur selbsternannte Taxifahrer, sondern völlig neue Geschäftszweige.

Egal ob man seine Dienste nun als privater Fahrer per Taxi-App oder ob man nur eine spontane Gelegenheitsfahrt anbietet: So oder so sollte man die Versicherung über dienstliche Zwecke informieren, falls man das private Fahrzeug zum gewerblichen Transport von Fremdpersonen benutzt. Doch was ist gewerblich, wer ist wirklich fremd? Braucht man einen Personenbeförderungsschein? Dank des digitalen Zeitalters eröffnen sich völlig neue Geschäftsfelder, über deren Legalität man sich längst noch nicht einig ist.

Dünnes Eis für alternative Fahrdienste

Das kommt auch nicht von ungefähr: Die aktuelle Rechtslage ist nicht ganz eindeutig und die Ansichten sind verschieden. Vor allem Taxiunternehmer ärgern sich zunehmend über die Privat-Chauffeure, schließlich ist der Taxi-Service seit eh und je ein hart umkämpftes Milliardengeschäft. So schimpft man immer mehr, warum nicht härter gegen die alternativen Fahrvermittlungen gekämpft wird: „Man braucht bestimmte Kenntnisse, Lizenzen, regelmäßige Gesundheitschecks und vor allem ein technisch einwandfreies Fahrzeug. Immer wieder höre ich von selbsternannten Taxi-Fahrern, die weder mit gültigem TÜV, noch mit ausreichender Fahrroutine völlig fremde Personen transportieren“, spricht ein Taxifahrer aus Berlin. „Es muss mehr kontrolliert und unterbunden werden, dass jeder Bauer nun auch Taxi-Fahrer werden kann.“ Doch wo genau liegen eigentlich die Grenzen und was sind die Voraussetzungen? Zumindest die Beförderung gegen Entgelt hält der Taxiverband Berlin-Brandenburg in vielen Fällen für unerlaubt. Egal ob es sich dabei nur um eine Art Trinkgeld oder einen üblichen Fahrtpreis handelt: In jedem Fall braucht es eine Konzession, ansonsten ist der Dienst illegal.

Startup Uber und der erbitterte Wettstreit

Besonders das gerade erst im europäischen Raum etablierte Unternehmen Uber steht bei Rechtsexperten, Verbänden und Taxiunternehmern in der Kritik. Uber bietet mehrere alternative Fahrdienste an, beispielsweise „Uber Pop“ und „Uber Black“. Sowohl als auch wirbt man mit einer zuverlässigen Abholung, einer klaren Preisstruktur oder dem bargeldlosen Bezahlen. Per Fingertipp auf dem iOS- oder Androidgerät lässt sich die Fahrt anfordern und wahlweise per PayPal, Kreditkarte oder so genannte Ubercredits bezahlen. Vorbestellen braucht man auch nicht - der Fahrer kann immer dann angefordert werden, wenn man gerade einen braucht. Mittels GPS-Daten findet der Service alle verfügbaren Fahrer in der Nähe.

Bewertung durch Fahrgäste

Ist die Fahrt friedlich verlaufen und sind sowohl Mitfahrer als auch Taxifahrer zufrieden, kann man per App noch ein kleines Feedback abgeben. Dafür stehen immerhin fünf Sterne und ein kleines Textfeld zur Verfügung. Sinkt die Durchschnittsbewertung des Fahrers unter eine Grenze von fünf Sternen, wird er von „Uber“ verbannt und muss sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Zuverlässigkeit und ein hohes Serviceniveau wird bei Uber besonders groß geschrieben. Dass gerade der Fahrgast selbst einen nicht unerheblichen Teil dazu beiträgt, wird spätestens bei dem drastischen Bewertungssystem deutlich.

Für jeden Geldbeutel etwas

Die Vorteile liegen quasi auf der Hand: Statt hoffnungsvoll im Regen zu stehen, braucht man mit nur wenigen Klicks einen Fahrer bestellen und kann via App sogar beobachten, wie weit das Fahrzeug noch entfernt ist. Doch der amerikanische Dienst will nicht nur besten Service, sondern auch Exklusivität anbieten. So gibt es neben „Uber Pop“ eben auch den alternativen Fahrservice „Uber Black“, bei dem lediglich hochklassige Limousinen und Profi-Fahrer zum Einsatz kommen. Hier ist die Gebühr etwas höher, dafür können sich wohlhabende Geschäftsmänner aber auch in Limousinen wie BMW 7er, Mercedes S-Klasse oder Audi A8 standesgemäß chauffieren lassen.

Vertrauen ist die Basis

Auf Uber heißt es, dass ausschließlich Profi-Fahrer mit Hang zur "Leidenschaft" beschäftigt werden. Dabei ist eine gewisse Ähnlichkeit zur Singlebörse auffällig, denn in den Profilen der Fahrer bekommt man nicht selten auch etwas über den Familienstand oder die Hobbys zu lesen - das verbindet Fahrgast und Fahrer und sorgt bereits im Vorfeld für Gesprächsstoff. Wer sich nicht vom recht oberflächlichen Profil des Fahrers überzeugen lassen will, kann immerhin auf die Uber-eigene Zuverlässigkeitsprüfung vertrauen, die laut Webseite jeder Fahrer vor seiner Beschäftigung über sich ergehen lassen muss. Bei der Auswahl eines Limousinen-Fahrers soll es abgesehen davon auch einen Background-Check geben. Wie der genau aussieht, wissen aber nur die amerikanischen Betreiber selbst. Wenigstens die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, ein Mindestalter von 21 Jahren, ein Führerschein und ein Versicherungsnachweis sollen bei dem exklusiven Uber-Fahrdienst Mindestvoraussetzung sein.

Veraltete Gesetze und der technologische Fortschritt

Ein gewerblicher Chauffeur-Service unterliegt auch in Deutschland dem Personenbeförderungsgesetz. Die meisten seriösen Mietwagen-Unternehmen setzen daher Fahrer mit Personenbeförderungsschein sowie Ortskundeprüfung ein. Preislich orientieren sich die Mietwagen-Unternehmer in der Regel am ortsüblichen Taxentarif. Je nach Angebot müsste sich also auch das US-amerikanische Startup Uber an diese Regeln halten, immerhin nimmt das Unternehmen je Fahrt rund 20 Prozent des Fahrpreises ein und handelt offensichtlich gewerblich.

Rechtlich problematisch wird der Dienst vor allem aber dann, wenn Privatleute mit Mietwagen- oder Chauffeurstätigkeiten Geld verdienen und es sich nicht nur um eine reine Erstattung der üblichen Spritkosten handelt. Das wäre beispielsweise beim Uber-Dienst „Pop“ der Fall, bei dem quasi jeder zum ambitionierten Taxifahrer werden kann. Dennoch: Schon die Ortskundeprüfung hält Patrick Studener, der bei Uber für den Dienst in Deutschland verantwortlich ist, für veraltet. So seien die Gesetze zur Personenbeförderung noch in Zeiten geschrieben worden, in denen Smartphones und deren Funktionen noch fremd waren und an Taxi-Apps gar nicht zu denken war. Außerdem seien selbst professionelle Taxifahrer mit Navigationssystemen unterwegs. Die deutsche Anwaltauskunft warnt aber auch vor versicherungstechnischen Fragen: Werden Fahrgäste gegen ein Entgelt ohne entsprechenden Personenbeförderungsschein von A nach B transportiert, kann die Versicherung Schadenszahlungen im Fall der Fälle verneinen. Leistungsmerkmale von KFZ-Versicherungen wie auf http://kfz-versicherungsvergleich.toptarif.de sollten deshalb gut recherchiert werden. Im Zweifel ist es empfehlenswert, die entsprechende Versicherung direkt auf derartige Vorhaben anzusprechen.

Von Klagen bis zu einstweiligen Verfügungen

Während die „Uber“-Betreiber weiterhin mit dem technologischen Fortschritt argumentieren, laufen die jeweils ortsansässigen Taxiunternehmer gegen das neue Geschäftsmodell Sturm. Es hagelt Klagen, Beschwerden und einstweilige Verfügungen. So war es auch ein Berliner Taxi-Fahrer, der vor dem Landgericht Berlin ein Verbot des „Uber“-Dienstes erwirken wollte. Man argumentierte, dass „Uber“ nicht dem regulären Personenbeförderungsgesetz entsprechen würde. Hier heißt es nämlich in §49 Abs. 4 PbefG, dass der Mietwagen nach der Beförderung der Person unverzüglich zum Betriebssitz zurückkehren müsse, „es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten.“ Und genau das sei bei der exklusiven Uber-Variante „Black“ eben nicht der Fall, schließlich halten sich die Fahrer in ihren Limousinen immer in der Nähe von Ballungsräumen auf und sind ständig unterwegs, um möglichst flott beim nächsten Fahrgast zu sein. Besonders weit kam der Taxifahrer mit der einstweiligen Verfügung übrigens nicht: Der Berliner fürchtet Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe, falls das US-Unternehmen in der letzten Instanz doch noch Recht bekommen sollte. Die Betreiber von Uber wollen jedenfalls durch alle Instanzen gehen, falls nötig.

Krieg der Taxifahrer

Deshalb wird seitens der Taxiunternehmen wenigstens an die Behörden appelliert, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen und Kontrollen zu verstärken. Das scheint noch der gesunde Weg zu sein: In Paris sollen die Gewerkschaftler von Taxi-Unternehmen die „Uber“-Autos enttarnt und mit gefährlichen Gegenständen attackiert, Fensterscheiben eingeworfen und Reifen plattgestochen haben. In Belgien hat man den Kampf - zumindest vorerst - gewonnen: Hier wurde die App bereits verboten. Fragt sich nur, wie lange das Verbot noch gilt.

Millionenschweres Geschäftsmodell

Wie in vielen Grauzonen des alltäglichen Lebens ist es oftmals besser, gar nicht erst genauer nachzufragen. Gegen eine schicke App gibt es ebenso wenig einzuwenden wie gegen schwarze Luxus-Limousinen. Doch auch andere Firmen erkennen das Potenzial von Smartphone-Apps. So steht mit der Taxizentralen-App „Taxi Deutschland“ eine unter vielen Alternativen zur Verfügung, um möglichst schnell und komfortabel ein Taxi zu bestellen. In der integrierten Karte kann man sich hier ebenfalls freie und besetzte Taxis oder Taxistände in der Nähe anzeigen lassen. Selbst dieses Angebot wird immer weiter ausgebaut und ist schon in vielen Großstädten Deutschlands verfügbar.

Auch das Geschäftsmodell des amerikanischen Unternehmens Uber hat sich bereits etabliert und funktioniert offenbar tadellos - nach München und Berlin führte man den Uber-Dienst erst letztens in Frankfurt ein. Weitere Großstädte wie Düsseldorf, Hamburg oder Köln sollen bald folgen. Uber gibt es bereits in rund 80 Städten in insgesamt mehr als 34 Ländern. Das Unternehmen erwirtschaftet allein im Anfangsstadium einen Jahresumsatz von mehr als 200 Millionen Dollar - Tendenz steigend. Das ist ein recht dicker Batzen von dem Kuchen, der eigentlich durch die Taxibranche selbst hätte erwirtschaftet werden sollen. Doch nicht nur Uber ist den Taxi-Unternehmen ein regelrechter Dorn im Auge: Auch Carsharing-Dienste, Autovermietungen oder Fernbus-Vergleichsportale sind ernstzunehmende Konkurrenz-Modelle, die beim deutschen Bürger immer beliebter und zunehmend auch in Anspruch genommen werden.

Sicher ist jedenfalls, dass es rechtliche Entscheidungen und ein aktuelles Gesetz braucht, damit dem erbitterten Wettstreit zwischen Taxi- und alternativen Fahrdienst-Unternehmen Einhalt geboten werden kann. Eine derartige Umarbeitung des Personenbeförderungsgesetzes würde aber auch den technologischen Fortschritt einschließen, schließlich sind Smartphones und Apps längst kein Neuland mehr - auch in Deutschland nicht.

Foto: Arno Bachert / pixelio.de (taxi-deutschland.net)




 
Autor: Chris_W. [ voriger | nächster ]